Sommelier - Wein

Wasser ist nicht gleich Wasser

Ein Glas Wasser zu trinken ist gar nicht so einfach. Vor allem, wenn es nicht gegen den Durst, sondern für den Genuss getrunken wird. In exklusiven Restaurants ist es inzwischen üblich, den Sommelier auch in Wasserfragen zu Rate zu ziehen. Zum Wein passt beispielsweise nicht jede Sorte. "Mit jedem Wasser verändert der Wein komplett seinen Geschmack", sagt Chefsommelier Christoph Kokemoor im Drei-Sterne-Restaurant Sonnora im rheinland-pfälzischen Dreis. Auf seiner Karte stehen 350 Weine - deshalb hat er schon seit längerem auch verschiedene Mineralwasser im Angebot, die sich vor allem nach ihrem Mineralstoff- und Kohlensäuregehalt unterscheiden.

"Der typische Sprudel ist eher schwierig zum Wein", sagt Kokemoor. "Er macht den Gaumen schnell satt, so dass der Geschmack des Weins untergeht." Stilles Wasser passt seiner Meinung nach am besten zu edlen Tropfen. "Das Wasser ist weicher, der Gaumen bleibt offen", meint er. Und wer sich beim Trinken gerne noch erfrischen wolle, dem empfehle der Sommelier ein Wasser mit einer leichten Kohlensäure. Kokemoor hat inzwischen sechs Mineralwasser auf der Karte. Und seine Gäste danken es ihm. "Viele wissen gar nicht, wie viele verschiedene Sorten es gibt", sagt der gebürtige Badener.

Das richtige Wasser zum Essen zu finden, sei eine hohe Kunst, sagt Sommelier Arno Steguweit vom Hotel "Adlon" in Berlin. "Da gibt es keine festen Kriterien, weil jeder Gast andere Vorlieben hat." Heilwasser könnte zu geschmorter Lammkeule gut passen, aber nicht unbedingt zu Fisch. Herren bevorzugten ein kräftigeres Wasser, Damen eher ein weiches. Der Gemütszustand der Besucher spiele aber auch eine Rolle: Kohlensäurehaltiges Wasser sei gestressten Gästen nicht zu empfehlen, weil es noch mehr aufkratze.

Steguweit, der vor wenigen Jahren bei Kokemoor im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn gelernt hat, ist einer der wenigen expliziten Wassersommeliers, die es überhaupt gibt. Sein Hotel legt schon seit längerem Wert auf eine anspruchsvolle Wasserkarte: 42 Sorten stehen auf der Karte, wobei auch exotische Wässerchen aus Japan, Kanada und Hawaii darunter sind. Das teuerste: Ein halber Liter japanisches Wasser für 62 Euro.

Der Trend zum Wasser hat Steguweits Ansicht einen einfachen Grund: "Die Menschen denken viel mehr darüber nach, was für ihre Gesundheit gut ist und was nicht." Und Mineralwasser sei eben das natürlichste Produkt. "Mit Wasser können die Gäste vieles von dem wieder gut machen, was sie den ganzen Tag 'verschwitzt' haben", sagt der 27-Jährige. Mit Wasser könne getrost auf manches Pülverchen aus der Apotheke verzichtet werden.

In der Tat trinken die Deutschen viel mehr Wasser als früher: Lag der Pro-Kopf-Verbrauch 1990 noch bei 82 Litern, liegt er heute bei 125 Litern. Dabei gehe der Trend eindeutig weg vom klassischen Sprudel hin zu Mineralwassern mit wenig oder keiner Kohlensäure, sagte Stefan Göbel, Sprecher der Gerolsteiner Brunnen GmbH. Wasser sei auch zunehmend Trendgetränk: "Es ist chic, Wasser zu trinken, wobei man sich auch ausprobieren möchte." In Deutschland gibt es 230 Mineralbrunnen, die mit 500 Mineralwassern und 70 Heilwassern auf dem Markt sind.

(Birgit Reichert, dpa)